Hebammen und die digitale Welt
Hebammen und Computer sind wahrlich nicht die besten Freunde – in den Spitälern ist dieses Phänomen bekannt. Jedoch macht die digitale Welt auch vor uns Hebammen nicht Halt. Die jüngere Generation Hebamme bringt inzwischen eine solide Grundlage mit. Wir von der älteren Generation sind knapp am Privileg des Digital Natives vorbeigeboren, was aber nicht heisst, dass die digitale Welt nicht auch bei uns immer mehr Raum im Berufsalltag einnimmt. Bloss nicht so schnell wie bei Berufstätigen, die mehrheitlich an einem Computer ihre Zeit verbringen. Immerhin kann die ‘digitale Hebamme’ bereits ein «Müsli» (eine Vaginaltamponade) von einer Computermaus unterscheiden. Und das ist natürlich nicht alles.
Um das Klischee der Anti-Computer-Hebamme etwas zu durchbrechen, für euch einen Einblick in unseren digitalisierten Alltag:
Kind oder Etikette – wer ist schneller draussen
Die Gebärsaalcomputer im Büro der Hebammen gibt es schon lange und die meisten Hebammen wagten sich mit dem Adlertastaturschreiben immer wieder an den Computer – sei es für Laborwerte, Reparaturaufträge, E-Mail. Doch als es ernst wurde mit der Digitalisierung, verging den meisten der freundliche, geduldige Hebammenton mit der viereckigen Kiste. Die kostbare Zeit, eigentlich für unsere Klientinnen eingeplant, muss neu kombiniert werden mit Etikettendrucken, falschgeschriebenen Nachnamen korrigieren oder Leistungen erfassen. Noch haben wir die Prioritäten aber definitiv beim Begleiten der Frauen – und nicht beim Etikettendruck.
Kennenlernen per Mausklick
Auch bei uns ist der Computer inzwischen ein grosses Arbeitsinstrument, vor allem, wenn man als Hebamme selbstständig erwerbend ist. An einer eigenen Webseite kommt man da fast nicht vorbei. Die Frauen googeln uns Hebammen, wissen bereits vor dem ersten Treffen, wie wir aussehen, melden sich per Kontaktformular, vereinbaren Termine, stellen per Mail Fragen. Auch wir kommunizieren immer häufiger per Mausklick oder Whatsapp. Stellen Rechnungen an die Krankenkasse, scannen Verordnungen, überweisen unsere Klientinnen oder versenden SOS-SMS-Antworten rund um Stillprobleme oder sonstige Fragen.
Homeoffice
Eins muss man ihr lassen: Die Computerwelt klaut uns zuweilen Zeit auf Kosten unserer Klientinnen. Aber: Sie schenkt uns auch Zeit für sie. Wer wie wir Beruf und Familie kombiniert, ist dank schriftlicher Kommunikation in der Lage, auch mal zwischen Kindergeschrei, Kochtöpfen und Staubsauger eine SMS zu schreiben. Oder – statt den Versuch zu starten, mit einer Kundin zu telefonieren – eine Email in einer ruhigen Minute zu beantworten.
Trotz allen Möglichkeiten ist der persönliche Kontakt zu den Frauen sehr wichtig für unsere tägliche Arbeit. Kein Computer kann in dieser sensiblen Zeit unsere Intuition, Erfahrung und unser Wissen wettmachen, und die Frauen / Paare / Familien in ihrer Situation abholen. Schön, können wir noch nicht vollständig digitalisiert werden.